Technik

Wie entstehen Tropfenfotos?

Auf dieser Seite könnt Ihr etwas darüber erfahren, wie ich diese Aufnahmen mache. Es ist allerdings nicht mein Ziel, hier ein Tutorial anzubieten, dem man nur noch Schritt für Schritt folgen muss, um die schönsten Aufnahmen zu erzielen. Ein Reiz an der Tropfenfotografie ist es, vieles für sich selber zu erkunden und auszuprobieren. Allerdings muss man auch nicht das Rad neu erfinden. Ich möchte Euch daher hier eine kurze Zusammenfassung der (aus meiner Sicht!) wichtigsten Punkte geben, die für einen erfolgreichen Start in die Tropfenfotografie notwendig sind.

Alles, was ich hier zusammengetragen habe, gibt meine Sichtweise und Erfahrung wieder, und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit im Detail. Auch gibt es sicherlich häufig andere (auch bessere) Wege zum Ziel. Daher kann ich nur immer wieder dazu ermuntern, selber zu experimentieren. Dann stellt sich der Erfolg von alleine ein.

Falls Ihr Fragen zu meinen Ausführungen habt, könnt Ihr mir jederzeit gerne unter Verwendung des Kontaktformulars schreiben. Ich werde mich bemühen, zeitnah zu antworten.

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Kamera und Objektive

Zur Tropfenfotografie kann man jede Spiegelreflexkamera (und potenziell auch Bridge- oder Sucherkameras) verwenden. Grundvoraussetzungen sind lediglich, dass sie einen Modus zur manuellen Einstellung von Blende und Belichtungszeit hat, sowie die Möglichkeit, einen Fernauslöser anzuschließen. Wichtig ist auch, den Autofokus abstellen und manuell scharf stellen zu können. Die Tropfenskulptur wird über den Blitz eingefroren, daher sind die Blitzsynchronzeit sowie die kürzeste Belichtungszeit der Kamera vollkommen egal!

Da die Tropfenskulpturen (vor allem die Kronen) häufig sehr klein sind, arbeiten wir bei der Tropfenfotografie in der Regel im Makrobereich. Dabei ist die Schärfentiefe naturgemäß sehr gering, so dass wir eine kleine Blendenöffnung benötigen. Ich arbeite in der Regel mit Blende 16 bis 22. Bei sehr großen Blendenzahlen und Abbildungsmaßstab gegen 1:1 kann Beugungsunschärfe bereits eine Rolle spielen; dann gegebenenfalls die Blende etwas weiter öffnen. Eine größere Blendenöffnung als 16 verwende ich allerdings nie. Mit dieser Blende und abgedunkeltem Raum (es muss nicht stockduster sein!) kann man problemlos eine Belichtungszeit von 0,5s wählen und benötigt daher kein ganz exaktes  Timing bei der Kameraauslösung.

Die besten Ergebnisse erhält man mit einem speziellen Makroobjektiv. Ich verwende für meine Aufnahmen ein Canon 100mm 1:2.8 USM Makroobjektiv an einer Canon EOS 600D, und bin mit dieser Kombination sehr zufrieden. Ein gutes Makroobjektiv ist allerdings nicht ganz günstig, und zum Start tut es auch eine günstige Nahlinse auf einem Zoomobjektiv. Zwischenringe würde ich nicht empfehlen, da sie doch relativ viel Licht schlucken, das auf Grund der sehr kurzen Blitzzeiten ohnehin gerade so ausreicht. Wer aber schon Zwischenringe hat, kann es damit natürlich auch versuchen, sollte aber dann den ISO-Wert etwas hoch drehen und das zusätzliche Rauschen akzeptieren.


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Die von mir zur Tropfenfotografie verwendete Kamera-Objektiv Kombination

Ein Wort der Vorsicht: bitte haltet einen Abstand von ca. 50cm or mehr vom Auftreffpunkt des Tropfens ein, um zu vermeiden, dass Ihr Wasser- und Farbspritzer auf Objektiv und Kamera bekommt. Aus diesem Grund empfehle ich auch die Verwendung eines 100mm Makro gegenüber einem 50 oder 60mm Makro, da ich damit einen größeren Sicherheitsabstand halten kann. Das gleiche gilt natürlich auch für Nahlinsen und Zwischenringe: schaut nach einer Kombination mit Eurem Objektiv, mit der Ihr einen guten Abstand einhalten könnt. Eine Erläuterung zur Funktionsweise von Zwischenringen und Nahlinsen findet Ihr hier. Dort ist auch beschrieben, wie der Abbildungsmaßstab berechnet werden kann.


Blitzgeräte

Geeignete Blitzgeräte sind sehr wichtig in der Tropfenfotografie, da es der Blitz ist, der die Skulptur "einfriert", und nicht der Verschluss! Um scharfe Aufnahmen ohne (bzw. mit akzeptabler) Bewegungsunschärfe zu erhalten, ist eine Blitzabbrenndauer kleiner 1/10.000s erforderlich. Um dies zu erreichen, muss das Blitzgerät die Möglichkeit haben, die Blitzleistung manuell auf 1/32 oder 1/64 der Maximalleistung reduzieren zu können (mit diesen Werten bekomme ich bei meinem Metz Mecablitz 40MZ-2 den besten Kompromiss aus geringer Bewegungsunschärfe bei ausreichender Helligkeit; sie können sich natürlich bei anderen Blitzgeräten unterscheiden).


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Vier manuell in der Blitzleistung reduzierbare Blitze gleicher Bauart
(die Filterfolien dienen der Erzeugung der Hintergrundfarben)

Beim Kauf eines Blitzgerätes für die Tropfenfotografie ist also auf alle Fälle darauf zu achten, dass sich die Blitzleistung manuell einstellen lässt. Für die dazu korrespondierenden Abbrenndauern bitte das Handbuch konsultieren. Berücksichtigt werden sollte außerdem, dass für die meisten Aufnahmen mindestens 2 Blitzgeräte für eine gleichmäßige und gezielte Ausleuchtung erforderlich sind. Ich arbeite mit bis zu 4 Blitzgeräten. Der Preis des Blitzgerätes ist daher durchaus ein wichtiges Entscheidungskriterium, zumal ich nicht empfehle, verschiedene Blitzgeräte zu verwenden: die Auslöseverzögerungen können sich minimal unterscheiden, was bei Abbrenndauern kleiner 1/10.000s zu einer nicht-synchronen Blitzauslösung und damit Doppelbelichtung führen kann. Ich verwende heute weiterhin meinen alten Metz 40MZ-2 von 1994, und habe mir noch 3 gebrauchte gleiche Blitzgeräte aus Online-Auktionen zugelegt. Diese sind mittlerweile recht günstig, da sie nicht mehr ganz up-to-date sind, für die Tropfenfotografie aber weiterhin eine sehr gute Wahl. Alternativ soll auch der Yongnuo YN-560 gut geeignet sein; da ich mit diesem aber keine Erfahrungen habe, kann ich auch keine Empfehlung aussprechen.


Mikrocontroller

Als ich mich 1994 das erste Mal mit der Tropfenfotografie beschäftigte, habe ich mit einer günstigen Lichtschranke mit einstellbarer Auslöseverzögerung begonnen, um meinen Blitz zu zünden. Das funktionierte soweit ganz gut, erfordert aber eine genaue Ausrichtung der Lichtschranke und nicht zu kleine Tropfen. Heute verwende ich einen Mikrocontroller, mit dem ich alles steuere, und benötige die Lichtschranke daher nicht mehr.

Ein Mikrocontroller ist zwar nicht unbedingt notwendig, um in die Tropfenfotografie einzusteigen. Wenn die Ansprüche an die Komplexität der Skulpturen steigen, kommt man aber schnell nicht mehr ohne Mikrocontroller aus. Ich verwende meinen um die Blitze zu zünden, die Tropfen auszulösen (Steuerung der Verzögerung und Öffnungsdauer jedes einzelnen Ventils) und den Kameraverschluss zu öffnen.

Vor allem, wenn man mit mehreren Ventilen arbeitet, kann die Anzahl der Ausgänge des Mikrocontrollers schnell zum limitierenden Faktor werden. Ich habe 3 Ventile, so dass ich zusammen mit Blitz- und Kameraauslösung 5 Ausgänge benötige. Der von mir verwendete Mikrocontroller Joker2 hat 4 Ausgänge, so dass ich bislang bei Verwendung aller 3 Ventile die Kamera manuell auslösen musste. Seit einem Software-Update Anfang 2014 ist es hier möglich, auf die 4 Ausgänge 8 verschiedene Signale zu schalten, so dass ich nun wieder genug Ausgänge habe, und die Anzahl meiner Ventile sogar noch erweitern könnte. Ich habe das Update letzte Woche aufgespielt bekommen und muss es in den nächsten Tagen ausprobieren…


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Joker2 Mikrocontroller zur Steuerung von Kamera, Blitzen und Magnetventilen

Der GlimpseCatcher scheint eine gute Alternative zu sein, und auch der StopShot wird häufig verwendet, aber auch mit diesen beiden Geräten habe ich keine eigenen Erfahrungen, so dass ich auch hier keine Empfehlungen aussprechen kann. Für Elektronik-Bastler: auf Arduino-Basis kann man sich so etwas auch selber zusammenbasteln...


Erzeugung der Tropfenskulpturen

Als ich 1994 mit der Tropfenfotografie begann, habe ich zum Erzeugen der Tropfen den Filter einer Kaffeemaschine verwendet, bei dem ich mittels eines Hebels gezielt einzelne Tropfen durcherzeugen konnte. Aber da ich weder die Größe noch den zeitlichen Abstand zwischen 2 Tropfen kontrollieren konnte, ließen sich hiermit nicht viele verschiedene Formen erzeugen.

Als ich 2012 die Tropfenfotografie wieder aufnahm, entschied ich mich dafür, zum Auslösen der Tropfen Magnetventile zu verwenden und diese über einen Mikrocontroller zu steuern. Damit war es mir möglich, die Tropfengröße, Anzahl und deren zeitlichen Abstand auf die Millisekunde genau zu steuern. Als Wassertank verwende ich Mariotte'sche Flaschen, um den Druck möglichst konstant zu halten. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn ich komplexe Mehrfach-Skulpturen erzeugen möchte. Hier vergeht häufig eine längere Zeit, bis die Einstellungen alle stimmen, und ein veränderlicher Druck in den Tropfenspendern würde zu einem permanenten Nachjustieren der Einstellungen führen. Wenn die Skulpturen einfacher sind, lasse ich aber auch manchmal bewusst den Deckel weg, da man den veränderlichen Druck auch dazu verwenden kann, immer neue Variationen in die Skulpturen zu bringen.


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Mariotte’sche Flasche mit Magnetventil und Auslassdüse

In den einzelnen Galerien wird beschrieben, wie sich die verschiedenen Arten der Tropfenskulpturen und Kronen erzeugen lassen.

Wer die Ausgaben für einen Mikrocontroller scheut, kann auch zunächst mit einem einfachen Infusionsset beginnen. Mit diesem lässt sich eine konstante Tropffrequenz einstellen, so dass sogar TaTs (s. Klassische Tropfenskulpturen) möglich sind.

Häufig wird die Frage zur Fallhöhe gestellt. Diese ist aus meiner Sicht jedoch relativ unkritisch, ich arbeite in der Regel mit Höhen von 30-50cm. Nur zu hoch sollte es nicht werden, da es sonst vermehrt zu störenden kleinen Spritzern kommt.


Becken

Zur Benutzung als Becken kann man zunächst mit Schüsseln oder Schalen aus der Küche beginnen. Es lohnt sich, hier mit verschiedenen Farben (vor allem auch mit schwarz und weiß) zu experimentieren und den Effekt auf die Farben und Kontraste der Skulpturen zu beobachten. Die Größe der Gefäße ist zweitrangig,  eine Tiefe von 2-3cm ist ausreichend.

Will man auch die Reflektion der Tropfenskulpturen noch auf dem Bild haben (wie in diesem Beispiel), so benötigt man ein relativ langes Becken, ca 80-100cm, je länger desto besser. Dies ist erforderlich, da der Kamerawinkel möglichst flach sein sollte, damit durch den Krater und die Wellen nicht ein Teil der reflektierten Skulptur abgeschnitten wird. Ich habe mein Becken aus semi-transparentem Acrylglas gebaut, damit ich auch von unten blitzen kann.


Weitere Ausstattung

Um schöne Aufnahmen zu bekommen, sind zusätzlich zur oben erwähnten Ausstattung noch weitere Hilfmittel nötig:

  • Farben: Ich verwende Lebensmittelfarben in meinem Tropfwasser, um die farbenfrohen Skulpturen zu erzeugen, die Ihr auf den Bildern seht. Bei den Kronen verwende ich manchmal ebenfalls Lebensmittelfarbe, in Verbindung mit Sahne aber häufig auch Acrylfarben.
  • Viskosität des Wassers: Um "ruhige" Strukturen zu erhalten, ist es notwendig, die Viskosität des Wassers zu erhöhen. Ich verwende hierzu entweder Xanthan oder Guarkernmehl. Beide haben einen unterschiedlichen Einfluss auf die erzeugten Strukturen, wie natürlich auch das Mischungsverhältnis. Als Anhaltswert kann man mit 1/4 TL pro Liter Wasser starten, muss dann aber selber experimentieren, womit man am Besten zurecht kommt. Ich habe kein festes Maß, sondern messe nach Gefühl ab und lasse mich von den Skulpturen "überraschen".
  • Acrylglasplatten: Das Licht aus den Blitzen sollte gestreut werden, um keine harten Lichtreflexe auf den Skulpturen zu bekommen. Ich verwende hierfür halbdurchlässige Acrylglasplatten. Wie bei den meisten Arten der Fotografie liegt die große Kunst in der richtigen Beleuchtung. Auch hier gilt: experimentieren!
  • Fokussierhilfe: Um beim manuellen Fokussieren zu helfen, kann man ein kleines Objekt in den Auftreffpunkt der Tropfen auf der Wasseroberfläche stellen.


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Modifikation des Tropfenwassers: Lebensmittelfarben zum Einfärben, sowie Guarkernmehl und Xanten zur Erhöhung der Viskosität


Eine günstige Art, zu starten...

Wer sich noch unsicher ist, ob ihn/sie die Tropfenfotografie länger gefesselt hält und die Ausgaben für Mikrocontroller etc. scheut, kann mit folgender Mindestausstattung (und etwas Geduld) schon ganz interessante Ergebnisse erzielen: ein Infusionsset als Tropfenspender, ein guter (manuell in der Lichtleistung reduzierbarer) Blitz, eine Nahlinse, und ggf. noch eine Lichtschranke. 


Zu guter Letzt...

Mit den hier gegebenen Informationen sollte ein guter Start in die Wassertropfenfotografie gelingen. Ich freue mich über jede Rückmeldung (und Bilder), wenn diese Informationen hilfreich waren; sollten sie es nicht gewesen sein, hoffe ich ebenfalls auf Rückmeldungen, was aus Eurer Sicht fehlt oder verbesserungswürdig ist. Bitte schreibt mir Eure Kommentare mittels des Kontaktformulars.


Mein Setup

OK, es gibt nicht DAS eine Setup, und für jedes Shooting modifiziere ich mein Setup, um verschiedene Effekte zu erzielen. Das auf dem Bild gezeigte Setup habe ich verwendet, um die leuchtenden Tiefsee-Skulpturen zu erzeugen, zum Beispiel "Glowing Deep Sea Creature".

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Beispiel-Setup mit Wanne, Acrylglasplatten, Gestell und Tropfenspendern

Die Ausrüstung Mikrocontroller (Joker2), Tropfenspender und das Trägergestell kommen von der Fa. Eltima Electronic.


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